Noch einmal

Noch einmal lässt er die Blicke schweifen,
als könnte er es mit den Augen begreifen.
Er kann keinen klaren Gedanken fassen,
da ist keine Liebe, da ist auch kein Hassen.

Noch einmal wird sein Verlangen groß,
er denkt an die Nächte Schoß an Schoß.
Verzweifelt sucht er das richtige Wort
und wünscht sich an einen anderen Ort.

Noch einmal hört er die Wanduhr ticken
und hat das Gefühl, er müsse ersticken.
Er kann das Geräusch kaum noch ertragen
und würde am liebsten das Uhrwerk zerschlagen.

Noch einmal tut ihm ihr Lächeln weh,
er schwitzt, doch der Schweiß ist kälter als Schnee.
Laut rauscht das Blut ihm in den Ohren.
Wann haben sie sich bloß verloren?

Noch einmal geht er durch die Räume,
hier lebten und starben gemeinsame Träume.
Den Schlüssel noch schnell auf den Tisch gelegt;
sie hat sich die ganze Zeit nicht bewegt.

Noch einmal sagt er: „Ich danke dir.“
Noch einmal geht er durch diese Tür.
Im Treppenhaus bleibt er minutenlang stehn;
er weiß, er wird sie nie wiedersehn.

© Hans-Jörg  Große (2014)

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Noch einmal
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